Das Schloss

 

Das Schwetzinger Schloss wurde im Jahr 1350 zum ersten Mal als Feste urkundlich erwähnt. Es handelte sich um ein mittelalterliches Wasserschloss. 1427 kam es in den Besitz des Kurfürsten Ludwig III. In der Folgezeit wurde es mehrfach umgebaut, diente als Jagdschloss und wurde gegen Ende des Dreißigjährigen Kriegs zerstört. Kurfürst Karl Ludwig ließ das Schwetzinger Schloss für seine Geliebte Luise von Degenfeld wieder aufbauen. Während eines Besuchs im August 1656 hatte er den Einwohnern von Schwetzingen bereits befohlen, sämtlichen Schutt wegzuräumen, wobei aufgelesene Trümmerteile wie Steine, Hölzer und „altes Eisenwerk“ bei den Untertanen zur eigenen Verwendung verbleiben durften. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurde das Schloss erneut zerstört, die Grundmauern blieben allerdings stehen. Seine heutige Form erhielt das Schloss auf Befehl des Kurfürsten Johann Wilhelm, der in Düsseldorf regierte. Dieser ließ es unter Leitung des Grafen Matteo Alberti – der Erbauer des Schlosses Bensberg – von dem Heidelberger Baumeister Johann Adam Breunig umbauen und durch zwei Flügelbauten wesentlich vergrößern. Das Bauwerk wurde in mehreren Bauabschnitten ab dem Jahre 1697 errichtet und ausgebaut. Im Jahr 1752 wurde eine Gartenerweiterung auf dem damals rund 70 Hektar großen Areal vorgenommen. Im gleichen Jahr wurde auch das Schlosstheater eröffnet. Obwohl das Schloss seit der Verlegung der Residenz des Kurfürsten Karl Theodor von Mannheim nach München im Jahr 1778 kaum mehr benutzt wurde, wurde in der Folgezeit am Garten weiter gearbeitet.

Unter Karl Theodor war Schwetzingen Sommerresidenz: Die Hofhaltung wurde in den warmen Monaten von Schloss Mannheim nach Schloss Schwetzingen verlegt. Die Schlichtheit der Wohnungen des Kurfürstenpaares und eine größere Informalität der Umgangsformen waren Ausdruck eines vorgeblich einfacheren, unbeschwerten „Lebens auf dem Lande“.

An der künstlerischen Ausgestaltung von Schloss und Garten waren nahezu alle am Hof in Mannheim beschäftigten Künstler beteiligt. Dazu gehörten Alessandro Galli da Bibiena und Peter Anton von Verschaffelt. Der Lothringer Nicolas de Pigage war Intendant der Gärten und Wasserkünste sowie der bestimmende Architekt in der Karl-Theodor-Zeit. Pigage erweiterte den Garten in allen Stilwandlungen der Zeit. Der Zweibrücker Hofgärtner Johann Ludwig Petri plante das Hauptparterre und den Zirkel des französischen Gartens. Der erste Hofgärtner, van Wynder, wurde aus Kassel nach Schwetzingen berufen.

Der zweite Hofgärtner war Johann Wilhelm Sckell, ein Hauptmitarbeiter Pigages. Sein Sohn Friedrich Ludwig Sckell wurde 1804 nach München berufen, wo er den Englischen Garten anlegte. Der erste badische Gartenbaudirektor war Johann Michael Zeyher, der den Flieder in Schwetzingen einführte.

Schloss Schwetzingen zählt heute zu den landeseigenen Monumenten und wird von der Einrichtung Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg betreut. Der Garten ist gegen Eintritt öffentlich zugänglich, Schloss und Theater können im Rahmen von Führungen besichtigt werden.

In einer langwierigen Restaurierung der Jahre 1975–1991 wurden die Innenräume des Schlosses wiederhergestellt und mit authentischen Möbeln des 18. Jahrhunderts eingerichtet. In der Beletage verdeutlichen im Rahmen eines Schlossmuseums die Gesellschaftsräume, die Wohnung des Kurfürsten und die Wohnung der Kurfürstin das Funktionsprofil des Schlosses in der Karl-Theodor-Zeit.

Von besonderem kunstgeschichtlichen Rang sind die Räume der in badischer Zeit ab 1803 umgestalteten Wohnung der Reichsgräfin Luise Karoline von Hochberg im zweiten Obergeschoss aufgrund der vorzüglich erhaltenen Handdrucktapeten (1804) der Firma Zuber et Cie in Rixheim (Compagniezimmer mit Alpenpanorama „Vues de Suisse“, Schlafzimmer, Grand Cabinet).

Die Zirkelbauten sind zwei eingeschossige, dank hoher Fenstertüren mit unmittelbarem Gartenzugang versehene Werksteinbauten, die sich seitlich an das Schloss zu einem Halbrund anschließen und das kreisrunde Gartenparterre gemeinsam mit dem Halbkreis der Wandelgänge aus Lattenwerk umfangen. Der nördliche Zirkelbau wurde in den Jahren 1748/1749 von Alessandro Galli da Bibiena erbaut, der südliche im Jahr 1753 von Franz Wilhelm Rabaliatti. Die Zirkelbauten wurden für die Hofgesellschaften (Speisetafel, Spiele und Konzerte, Bälle) genutzt. Solche zusätzlichen, repräsentativen Räumlichkeiten waren angesichts der beengten Verhältnisse im alten Wohnbau des Schlosses unverzichtbar. Heute werden die Zirkelbauten als Schlossrestaurant, Café und Theaterfoyer sowie für Konzerte und Ausstellungen genutzt.

Das frühklassizistische Schlosstheater Schwetzingen ist Teil des Schwetzinger Schlosses. Es ist das älteste erhaltene Rangtheater weltweit und das älteste erhaltene Theater in Baden-Württemberg. Weitere Bezeichnungen sind: Hoftheater, Hofoper, oder Comoedienhaus. Der derzeit häufig, auch offiziell benutzte Name Rokokotheater ist dagegen bauhistorisch unzutreffend.

Unter der Regierung des Kurfürsten Carl Theodor (Kurfürst der Pfalz 1743–1799, Kurfürst von Bayern 1777–1799) kam es zu einer intensiven Nutzung und einem Ausbau der Schlossanlage. Das Theater wurde von Nicolas de Pigage 1752 in 10 Wochen erbaut und 1762 nochmals erweitert. Am 15. Juni 1753 wurde es mit Ignaz Holzbauers Oper Il figlio delle selve eröffnet. Es fügt sich an den nördlichen Zirkelbau des Schlosses mit einer nordwestlich ausgerichteten Längsachse an. Von dort erfolgt der Haupteingang in die Logen und das Parterre. Ein Abschnitt des Zirkelgebäudes selbst wird heute als Foyer und Garderobe genutzt.

Nachdem Carl Theodor seine Residenz 1778 nach München verlegt hatte, fanden nur noch gelegentliche Aufführungen in Schwetzingen statt, wenn der jeweilige Kurfürst dort zu Besuch war. Auch in der badischen Zeit wurde das Theater nur selten benutzt. Es verfiel und konnte nicht mehr bespielt werden. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Theater nur noch als Trockenraum für Hopfen genutzt.

1937 fand eine durchgreifende Renovierung und Neugestaltung statt. Dabei wurden die damals noch weitgehend erhaltene historische Bühnenmaschinerie und die Bänke des Zuschauerraumes beseitigt. Eine weitere Renovierung erfolgte 1952. Danach wurde das Theatergebäude wieder häufig für Aufführungen von Konzerten, Opern und Schauspiel genutzt und ist seitdem zusammen mit benachbarten Sälen Hauptspielstätte der Schwetzinger Festspiele.

Eine Generalsanierung 1974 führte zum Abriss und Neubau des Bühnenhauses.

2003–2005 wurden der Zuschauerraum und das Dach des Nordzirkels restauriert. Der Zuschauerraum weist noch weitgehend die originale Bausubstanz und klassizistische Fassung der 1770er Jahre auf. Seine Fläche, 190 m2, macht etwa ein Drittel des gesamten Theaterbaus aus und bietet 512 Sitzplätze. Seit 2005 wird die Theaterbesichtigung durch ein Modell der barocken Bühnenmaschinerie im 2. Rang ergänzt. Das funktionsfähige Modell zeigt das Bühnenhaus (Unterbühne) mit seiner historischen Bühnenmaschinerie.

Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg gaben am 10. November 2022 bekannt, das Rokokotheater zum 300. Geburtstag des Architekten Nicolas de Pigage am 23. August 2023 in »Pigage-Theater« umzubenennen. Grund dafür sei, dass der Name »Rokokotheater« erst im »Dritten Reich« aufkam und sich nur noch wenige Elemente aus der Rokokozeit fänden, es seien hauptsächlich frühklassizistische.[1]

Der CDU-Landtagsabgeordnete Andreas Sturm hat sich daraufhin gegen die Umbenennung ausgesprochen, da dies eine Weltmarke zerstöre. Er nannte die Umbenennung eine »Geheimaktion ohne jede Bürgerbeteiligung«.

Neben einer Anfrage im Landtag von Baden-Württemberg und einer Unterschriftenaktion recherchierte Andreas Sturm, dass es Erwähnungen bereits in den 1920er-Jahren geben habe und man daher nicht behaupten könne, dass die Namensgebung während des Dritten Reichs erfolgt sei.

Am 30. November 2022 nahmen die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg die geplante Namensgebung zurück.


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